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Hermes-Podcast: Mitarbeiter aus dem Kundenservice kommt zu Wort


In der aktuellen Folge des Hermes-Podcasts gibt es ein Interview mit dem Teamleader Complaint Management, Dan-Hinnerk Bostelmann, zu hören. Frei übersetzt bedeutet der Titel wohl Abteilungsleiter Beschwerdemanagement.

Das Beschwerdemanagement ist mit ca. 60 Mitarbeitern ein Teilbereich der Abteilung Kundenservice. Die gesamte Abteilung umfasst ca. 200 Mitarbeiter. Der Hermes-Kundenservice befindet sich in Hamburg, aber nicht im Gebäude der Zentrale sondern an einem separaten Standort.

Den Podcast gibt es im Hermes-Newsroom zum Anhören.


Das Interview enthält viele interessante Aspekte, die so detailliert noch nie veröffentlicht wurden. Weder von Hermes noch von anderen Paketdiensten. Allein die Anzahl der täglichen Anrufe ist beeindruckend hoch: 10.000 Telefonanrufe erhält Hermes pro Tag mindestens. In Spitzenzeiten sind es bis zu 20.000 Anrufe.

Die Anruferzahl hängt unter anderem davon ab, wie gut der "Außendienst" läuft, damit ist wohl die Paketzustellung gemeint. Hermes beantwortet die Anrufe nicht nur mit eigenen Mitarbeitern sondern beauftragt auch externe Callcenter (Podcast bei Minute 2:30). Unklar ist, ob in den 10.000 Anrufen auch solche enthalten sind, die vom Sprachcomputer der Hermes-Hotline beantwortet werden, ob es sich um 10.000 Mensch-zu-Mensch-Kontakte handelt.

Bei Minute 3:20 wird im Podcast auf die Relation zwischen Anruferzahl und Paketmenge hingewiesen. Bei täglich 2 Millionen Paketen entsprechen 10.000 Anrufer nur einem halben Prozentpunkt. 20.000 Anrufer entsprechen 1 Prozent. Die Anzahl von 2 Millionen Paketen erreichte Hermes erstmals im Weihnachtsgeschäft 2016 (Quelle). Jetzt in den Sommermonaten liegt die Menge vermutlich niedriger.

Hermes beantwortet Telefonanrufe übrigens nicht nur mit eigenen Mitarbeitern sondern beauftragt zusätzlich externe Callcenter. Ältere Kunden greifen manchmal auch zu Stift und Papier und schreiben einen klassischen Beschwerdebrief. Etwa 100 Briefe erhält Hermes pro Tag (Minute 5:40 im Podcast).

Dass manche Kunden ihre Beschwerden ruppig formulieren, sieht man täglich im Paketda-Forum, und auch bei Hermes macht sich das in den letzten Jahren stärker bemerkbar (ab Minute 7:10 im Podcast). Dem Abteilungsleiter zufolge verwenden einige Kunden vor allem in der Kommunikation per E-Mail Schimpfworte oder sie bauen Drohszenarien auf, wie z.B. eine Information an die Hermes-Geschäftsführung, die Einschaltung eines Anwalts oder der Verbraucherzentrale. Auch bei alltäglichen Fällen wie z.B. kleinen Lieferverzögerungen komme das vor. Insgesamt seien es zwar wenige Kunden, die sich so ruppig verhalten, aber genau solche Fälle würden auffallen.

Später im Podcast (bei Minute 14:30) heißt es, dass für Hermes jede Sendung und jedes Kundenanliegen wichtig sei, aber eine Beschwerde sollte in Relation zum Problem erfolgen. Heißt wohl übersetzt: Ein zwei Tage verspätetes Paket ist nicht so tragisch wie ein Paket, das komplett verloren gegangen ist, und entsprechend gemäßigt sollte der Kunde auftreten.

Tipp der Paketda-Redaktion: Dass sich Hermes Drohungen mit Anwalt, Verbraucherzentrale etc. zu Herzen nimmt, ist für Kunden ein gutes Zeichen. Es hätte auch sein können, dass die Servicemitarbeiter solche Worte ignorieren. Es spricht deshalb nichts dagegen, einer Beschwerde Nachdruck zu verleihen, sofern sich Hermes bei Reklamationen überdurchschnittlich viel Zeit lässt. Im Paketda-Forum melden sich immer wieder Kunden, die mit 6 bis 8 Wochen Bearbeitungszeit vertröstet werden. So lange sollte sich niemand hinhalten lassen. Dass es doch passiert, zeigen diese Praxisfälle aus dem Paketda-Forum: Fall 1 | Fall 2 | Fall 3.

Bei Minute 11:00 geht es um die Regeln, wann ein Telefonanruf durch einen Hermes-Mitarbeiter beendet werden darf. Und zwar, wenn ein Kunde nur noch schreit oder beleidigt und wenn dadurch keine Lösungsfindung möglich ist. Außerdem muss der Mitarbeiter dem Anrufer vorher ankündigen, dass das Gespräch beendet wird, sofern er sich nicht mäßigt. Bringt dieser Hinweis keinen Erfolg, darf der Mitarbeiter auflegen.

Interessant ist ein Einzelfall, der bei Minute 18:40 geschildert wird: Eine Kundin brauchte dringend ihr Hochzeitskleid und rief unter Tränen bei Hermes an, weil das Paket noch nicht angekommen war und die Hochzeit am nächsten Tag stattfinden sollte. Das Paket befand sich in einem Hermes Logistikcenter und hatte die Zielregion noch nicht erreicht. Transportprobleme wurden seitens Hermes nicht festgestellt. Die Kundin hatte das Kleid wohl zu spät bestellt oder es wurde zu spät abgeschickt. "Trotzdem haben wir es mit bestimmten Maßnahmen hingekriegt, der Kundin die Sendung noch rechtzeitig zuzustellen und ihr den schönsten Tag ihres Lebens zu ermöglichen.", so Dan-Hinnerk Bostelmann.

Einen ähnlichen Fall gab es auch neulich im Paketda-Forum, allerdings mit weniger Engagement seitens Hermes. Ein Paket mit Brautkleid hing ewig im Verteilzentrum Freiburg fest und die Kundin bekam nach 8 Anrufen bei Hermes angeblich nur zu hören: "Wir bemühen uns und sind unterbesetzt und können es nicht ändern."

Im Podcast wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass individuelle Eingriffe in den Pakettransport schwierig sind, weil "Prozessketten" eingehalten werden müssen, um die hohen Sendungsmengen zu bearbeiten. (Minute 20:30) "Es ist eben nicht nur meine Sendung, [...] sondern da sind jeden Tag noch 2,5 Millionen andere Sendungen, die in Deutschland an den Mann, an die Frau gebracht werden müssen." Deshalb könne man nicht so einfach ein Paket rausziehen und es gesondert behandeln.

Ab und an melden sich sogar Kunden in der Hermes-Pressestelle und würden fragen: "Können Sie nicht mal eben den Zusteller anrufen?" Das ist ein häufig geäußerter Wunsch, der von Hermes aber nicht erfüllt werden kann. Sonst würden die Zusteller bloß noch telefonieren und kaum noch Zeit für die Auslieferung haben. (Minute 19:50)

Was wünscht sich Dan-Hinnerk Bostelmann von den Anrufern? "Am Ende eines Gesprächs ein kurzes, knappes Dankeschön ist für viele Mitarbeiter schon eine Motivation."

Welchen Satz kann er gar nicht mehr hören? "Ich gehöre auch zur arbeitenden Bevölkerung." - In solchen Fällen ist die Lieferung zum Paketshop oder an den Arbeitsplatz empfehlenswert.

Werden Chatbots in Zukunft die Mitarbeiter im Kundenservice ersetzen? - "Am Ende zählt für den Kunden immer der persönliche Kontakt. Mit einem Chatbot oder mit einer E-Mail kann man die Emotion des Kunden nicht auffangen.", meint Dan-Hinnerk Bostelmann.

Eine andere Sichtweise auf dieses Thema hat übrigens DPD. Ab Herbst 2018 wird DPD seine deutschen Kunden auch per Mailbot und Chatbot bedienen. Angeblich soll eine "künstliche Intelligenz" in der Lage sein, E-Mail-Anfragen von Kunden zu verstehen und vollautomatisch zu beantworten. Langfristig kann sich DPD sogar vorstellen, Angebote von Chatbots erstellen zu lassen oder von ihnen Bewerbungen bearbeiten zu lassen. Quelle: dpd.com.

Fazit

Der Teamleader Complaint Management sitzt bei Hermes auf dem richtigen Posten. Er kann sich in aufgebrachte Anrufer hineinversetzen und vertrackte Situationen so erklären, dass sie für Kunden nachvollziehen werden.

Zu viel Geduld mit Hermes (und anderen Paketdiensten) ist trotzdem nicht angebracht. Sonst ergeht es einem womöglich so, wie jener Kundin, über die RTL Anfang Juli berichtete. Hermes vertröstete sie monatelang und zahlte keinen Schadenersatz für ein verlorenes Paket, das sie bereits im November 2017 verschickte.

Zusammenfassung des RTL-Berichts. Hier im Original ansehen.

RTL-Reporterin zur Kundin: "Das ist ja ein dreiviertel Jahr her, und da telefonieren Sie immer noch hinterher?"

Kundin: "Telefonieren, E-Mail, ja... es ist ein Albtraum. Man erreicht einfach nichts, man bekommt keine Antworten auf die E-Mails. Es gibt eine Servicehotline, die kann man sich sparen. Erfolglos."

Die Kundin weiter: "Ich habe bestimmt schon 25, 30 Mal bei Hermes angerufen. Immer wieder eine Woche Frist gesetzt, weil die gesagt haben: Bitte geben Sie uns ein paar Tage. - Mittlerweile rufe ich nur noch alle 4 bis 6 Wochen an. Meine Nerven machen das nicht mehr mit, jedes Mal dort solche Telefonate zu führen."

Die RTL-Reporterin greift daraufhin selbst zum Hörer und ruft als gewöhnliche Kundin bei Hermes an. Der Servicemitarbeiter schaut sich den Sendungsverlauf an: "Das ist ja komplett verschwunden? Ich gucke gerade... ist der Wahnsinn!" - Reporterin: "Was machen wir jetzt?". Daraufhin bricht das Gespräch ab. Die Reporterin unterstellt Hermes nicht, das Gespräch absichtlich beendet zu haben, es könnte sich um einen technischen Defekt gehandelt haben.

Im RTL-Bericht kommt anschließend eine Mitarbeiterin der Verbraucherzentrale zu Wort. Sie empfiehlt, bei Hinhaltetaktiken den Paketdienst unter Druck zu setzen und rechtliche Schritte anzudrohen. Aufgrund eines oft geringen Streitwerts würden aber nur wenige Kunden tatsächlich rechtlich gegen Paketdienste vorgehen.

Schließlich wendet sich die RTL-Reporterin offiziell an die Hermes-Pressestelle und siehe da: "Der Pressesprecher meint auch, es steht dem eigentlich nichts im Weg, dass Sie Ihr Geld bald bekommen.", so die Journalistin zur glücklichen Kundin. Die Kundin meldete sich später nochmal bei RTL und berichtete, dass Hermes ihr sogar den Neupreis des Kinderwagens erstattet habe. Eine ungewöhnlich kulante Leistung.


Auch in einem anderen Fall hat sich für einen Hermes-Kunden der Gang zur Presse gelohnt. Ein Instrumentenbauer aus Bad Tölz vermisste ein Paket mit drei wertvollen Musikinstrumenten im Wert von 10.000 Euro. Die Sendung wurde mit der Österreichischen Post abgeschickt und sollte in Deutschland von Hermes zugestellt werden.

Gemäß Hermes-Sendungsverfolgung soll das Paket um 22 Uhr an einen Nachbarn des Instrumentenbauers zugestellt worden sein, den es aber gar nicht gibt. Der Hermes-Kundenservice befragte daraufhin den Zusteller, dieser verlor aber seine Erinnerung. Als die Zeitung Merkur über den Fall berichtete, zeigte sich Hermes kulant und bezahlte volle 10.000 Euro Schadenersatz. Und dass, obwohl das Paket bei der Österreichischen Post ohne ausreichenden Versicherungsschutz abgeschickt wurde.

Quellen: Erster Bericht bei merkur.de | Folgebericht


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